Museum der Polnischen Armee in der Zitadelle in Warschau
Bildrechte: Museum der polnischen Armee in Warschau

Museum der Polnischen Armee

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Das neue "Museum der polnischen Armee" in Warschau

Kommende Woche ist Wahl in Polen. Obwohl zunächst der erste Teil des Museumsprojekts in der Warschauer Zitadelle fertiggestellt ist, hat das neue "Museum der polnischen Armee" schon seine Türen fürs Publikum geöffnet - mit klarer Botschaft.

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Ein gewaltiger Quader mit einer Fassade aus rostrot gefärbtem Beton im Fischgrätenmuster: Der Neubau für das Museum der polnischen Armee auf dem Gelände der alten Warschauer Zitadelle über der Weichsel macht Eindruck. Mitte August feierte man Eröffnung mit der Ausstellung "1.000 Jahre Ruhm der polnischen Bewaffnung" und den Worten von Mariusz Błaszczak, Verteidigungsminister der nationalkonservativen PiS-Regierung: "Die Ausstellungsfläche ist zweieinhalb Mal so groß wie im alten Museumsgebäude. Man kann also mehr Exponate zeigen. Ich bin überzeugt, dass sehr viele Menschen dieses Museum besuchen werden."

Original-Erinnerungsstücke stehen für Authentizität

Dabei ist bisher nur ein kleinerer Teil der laut Museum rund 300.000 Stücke umfassenden Sammlung in den Neubau umgezogen. Die Schau "1.000 Jahre Ruhm der polnischen Bewaffnung" ist noch keine Dauerausstellung. Immerhin: Sie zeigt eine raumfüllende Auswahl - von Schwertern aus dem frühen Mittelalter über patriotische Schmuck- und Kleidungsstücke aus den Aufständen gegen die russische Vorherrschaft im 19. Jahrhundert bis zu konspirativ hergestellten Waffen der polnischen Untergrundarmee unter der deutschen Terrorherrschaft im Zweiten Weltkrieg.

Museumsdirektor Paweł Żurkowski betont, dass sie mit Original-Erinnerungsstücken arbeiten: "Dieses Maschinengewehr, diese Uniform, diesen Gürtel, diese Auszeichnung, das alles hat jemand einmal benutzt, getragen. Das hat den Wert des Authentischen." Und soll den Wert des eigenen Militärs tiefer polnischen Gesellschaft verankern, ein vorrangiges Anliegen der nationalkonservativen PiS-Regierung, nicht erst seit den Zeiten des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine.

Politische Propaganda

So sei man zum Beispiel unter PiS zur alten Tradition der Militärparade am 15. August zurückgekehrt. Dieser Tag werde in Polen sehr feierlich als Tag der polnischen Armee begangen, und zwar in Erinnerung an die Schlacht von Warschau 1920, als Polen einen Angriffskrieg der Roten Armee erfolgreich abwehrte, erklärt Sebastian Adamkiewicz. Der Historiker am Museum für Unabhängigkeitstraditionen in Łódź sieht den Umgang der Warschauer PiS-Machthaber mit der militärischen Tradition des Landes kritisch: "Es geht dabei natürlich auch um politische Propaganda, um den Versuch der Regierung, alle Polen unter einer Flagge zu einen, ihre Angst und Unsicherheit zu fördern, damit sie sich dann um die Regierung als Garant ihrer Sicherheit scharen sollen."

Das treffe bei einem beträchtlichen Teil der Polen durchaus auf einen fruchtbaren Boden, sagt die polnisch-deutsche Kulturwissenschaftlerin Agnieszka Pufelska: Sie vermisst in der polnischen Erinnerungskultur die Distanz zur oder von der militärischen Vergangenheit Polens: "Das Militär, die Streitkräfte werden als heldenhaft für Vaterland und Gott betrachtet. Diese Traditionslinie ist nach wie vor präsent und erkennbar", so Pufelska. Und zwar unabhängig davon, ob es um die Machtstellung des Landes unter der mittelalterlichen Dynastie der Piasten oder um den bewaffneten Untergrundkampf der AK der polnischen Heimatarmee im Zweiten Weltkrieg oder um Aufrüstungspläne für die Zukunft geht.

300.000 Mann starke Armee

Die jetzige rechtskonservative Regierung habe sich vorgenommen, fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Militär oder auch Rüstung auszugeben. Und dagegen gebe es, so Pufelska, überhaupt keine Proteste. Und dass sie auch planen, bis 2035 die Armee auf 300.000 Mann zu stärken: "Und das sehen die meisten Polinnen und Polen positiv".

Das erscheint zwar angesichts der Nähe Polens zum russisch-ukrainischen Kriegsgebiet auf den ersten Blick verständlich, Agnieszka Pufelska und andere Kritiker aber überzeugt das kaum. Sie meint, dass es bei dieser Rüstungspolitik weniger um die Ukraine gehe als um die Wahrnehmung Polens weltweit. Polen wolle der erste Ansprechpartner für die Nato in Europa sein. Und damit wollten sie ihr Selbstbild verbessern, indem sie rüsten.

Dazu gehört ein modernes Armeemuseum. Und es musste vor den Wahlen am 15. Oktober seine Tore öffnen, obwohl bislang nur ein kleinerer Teil der Bestände umgezogen ist und der Rest noch längere Zeit im geschlossenen Altbau im Stadtzentrum verbleiben wird.

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