Ein Gondoliere auf dem Canal Grande von Venedig im Abendlicht
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Eintritt als Abschreckung: Venedig für fünf Euro am Tag

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Eintritt als Abschreckung: Venedig verlangt fünf Euro am Tag

Venedig zählt zu den meistbesuchten Reisezielen der Welt. Doch die Touristenmassen setzen der Lagunenstadt zu. Nun müssen Besucher wie in einem Museum Eintritt bezahlen. Der Test läuft zunächst bis Mitte Juli – an insgesamt 29 Tagen in diesem Jahr.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

In Venedig findet gerade die Kunstbiennale statt, sie zählt international zu den ältesten und wichtigsten Ausstellungen zeitgenössischer Kunst. Auch wegen ihr sind noch mehr Besucher in der Stadt, vor den Anlegestellen der vaporetti, der berühmten Wasserbusse, bilden sich lange Schlangen. In den engen Gassen rund um den Markusplatz oder der berühmten Rialtobrücke gibt es kaum noch ein Durchkommen.

Eintrittsgebühr als Abschreckung für Tagestouristen

Von der neuen Eintrittsgebühr wollen sich viele Touristen nicht abhalten lassen. So meint etwa Franz, dass die fünf Euro bei den Hotel- und Essenspreisen keine große Rolle mehr spielen. Seiner Meinung nach dient das Ticket vor allem der Abschreckung.

Tatsächlich, so behauptet Bürgermeister Luigi Brugnaro, wolle Venedig kein Geld damit verdienen. "Uns ist es wichtig, dass die Stadt weniger überlastet ist, es soll eher abschrecken an dem oder dem Tag als Tagestourist zu kommen."

Wie das Tagesticket für Venedig funktioniert

Als erste Stadt weltweit führt die Lagunenstadt eine Gebühr ein, zunächst bis zum 5. Mai, dann an mehreren Wochenenden bis zum 14. Juli. Insgesamt an 29 Tagen wird in diesem Jahr zwischen 8 Uhr 30 und 16 Uhr ein Eintritt verlangt, es ist eine Testphase. Es sind die Tage, an denen erfahrungsgemäß viele Besucher kommen, manchmal sind es 100.000 Menschen.

Wer als Tagestourist Venedig besuchen will, muss sich auf einer Internetseite registrieren und die Eintrittsgebühr bezahlen, Kinder unter 14 Jahren sind davon ausgenommen. Nach der Bezahlung erhält man einen QR-Code, den man bei Kontrollen vorzeigen muss.

Keine Drehkreuze und Schranken, sondern Kontrollen

Nach Angaben von Simone Venturini, dem Stadtrat für Tourismus, wird es keine Drehkreuze und keine Schranken geben. Mit Informationssäulen würden die Leute darauf aufmerksam gemacht, dass sie die Altstadt betreten. Es werde stichprobenartige Kontrollen geben.

Generell, so Venturini, gehe es darum, ein neues Gleichgewicht zwischen Touristen und Einheimischen zu finden und die Zahl der Besucher an bestimmten Tagen zu verringern.

Ohne das Ticket werden Strafen von bis zu 300 Euro fällig. Jeder muss an den festgelegten Tagen den QR-Code bei sich haben, auch Übernachtungsgäste, die allerdings nichts bezahlen müssen.

Bürokratie für Hoteliers und Vermieter

In einer kleinen Straße in der Nähe des Bahnhofs liegt das Hotel Tivoli, 22 Zimmer hat es. Seit Jahrzehnten führt es eine Familie, Tochter Emilia arbeitet an der Rezeption. Für die Hotels bedeutet die neue Gebühr vor allem viel zusätzliche Arbeit.

Emilia erzählt, dass man eine E-Mail vorbereitet habe, die automatisch den Gästen zugesandt wird. "Mit allen Regeln und Hinweisen, und mit der Beschreibung, wie man den QR-Code für den Zeitraum ihres Aufenthalts herunterlädt."

Viel Streit um Touristenströme und Wohnungsnot

Jahrelang wurde in der Stadt darüber gestritten, was man gegen die Touristenströme tun könne. Die Kulturorganisation der Vereinten Nationen, die UNESCO, drohte damit, Venedig als gefährdetes Welterbe einzustufen. Die bisherigen Maßnahmen seien nicht ausreichend, um den universellen Wert der historischen Stadt und ihrer Lagunen zu schützen.

Für Giacomo Salerno von der Initiative "OCIO" ändert auch die Eintrittsgebühr nichts daran. Ein großes Problem sei die Wohnungsnot, so der Venezianer. So hätte die Stadtspitze in den letzten zwei Jahren Regeln für die Ferienwohnungen schaffen können, um die Zahl der Airbnbs und Touristenunterkünfte in der Stadt zu reduzieren. "Das wollte sie nicht", so Salerno. Auch andere monieren, dass das Tagesticket nicht die wahren Probleme des Massentourismus löse.

In der Altstadt leben inzwischen weniger als 50.000 Einwohner, ihre Zahl ist in den vergangenen Jahren stetig zurückgegangen. Emilia vom Hotel Tivoli hat nichts gegen Touristen, schließlich lebt ihr Familienhotel von ihnen. Und doch hat sie einen Wunsch an sie: "Ich glaube es geht weniger darum, wie viele Menschen kommen, als um das Einhalten der Regeln, wie etwa: rechts gehen oder nicht im Kanal schwimmen gehen. Das ist das Problem."

Eintrittsgeld wird ein Jahr lang getestet

Nach der Testphase in diesem Jahr will die Stadt überprüfen, was das Ticketsystem gebracht hat. Über den 14. Juli hinaus gibt es bisher noch keine neuen Termine. Möglicherweise, so Bürgermeister Brugnaro, könnten die Preise für die meistgebuchten Termine angehoben werden. Also nicht nur fünf Euro, sondern zehn, zwanzig oder mehr.

Im Video: Venedig sucht das touristische Gleichgewicht

Venedig sucht das touristische Gleichgewicht
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Venedig sucht das touristische Gleichgewicht

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